Hier wird nicht gerannt!

Der Mandant war nachts über eine kleine Mauer gesprungen, gestürzt und hatte dabei eine kleine, auf dem Boden liegende Holzabdeckung beschädigt, die er nicht gesehen hatte. Die Staatsanwaltschaft warf ihm nun Sachbeschädigung an der Holzabdeckung vor. Ein eindeutiger Fall eines Freispruchs – so dachte ich jedenfalls. Fahrlässige Sachbeschädigung ist schließlich nicht strafbar. Und wie könnte man einem fallenden Menschen unterstellen, er sei absichtlich in einen Gegenstand gestolpert, den er gar nicht gesehen hatte? Ich halte das für lebensfremd und konstruiert. Anders sieht es die Staatsanwältin: Wer nachts im Dunklen renne und über eine Mauer springe, nehme selbstverständlich billigend in Kauf, dabei alles zu beschädigen, was ihm im Weg steht, ob er es nun sieht oder nicht.
Weil ich anderer Meinung bin, darf ich mir die Unterstellung anhören, ich bearbeite wohl vorrangig Zivilrechtsfälle. Ich bleibe höflich, verweise verneinend auf meinen Fachanwaltstitel und bekomme zu hören, dass ich mich dann offenbar nur profilieren wolle.

Nein. Will ich nicht. Ich will meinen Mandanten nur vor falschen Entscheidungen bewahren. Den ausfallenden Ton mancher Verfahrensbeteiligter werde ich mir dennoch nicht zueigen machen.

7 comments so far

  1. RA JM on

    Wie schon des öfteren gesagt: Staatsanwältin eben. 😉 Urteil antragsgemäß?

    • rastoeckel on

      Wir haben uns vertagt. Meine Ansicht, ein Freispruch sei einer Einstellung vorzuziehen, fand heute keine Mehrheit…

  2. Tourix on

    Das verstehe ich nicht.
    Bei einer Sachbeschädigung zahlt man Schadensersatz.
    (Das ist dann was für die Privathaftpflichtversicherung)
    Seit wann wird man dann zusätzlich angeklagt ?
    Spekuliert der Staatsanwalt auf Fahrerflucht ? 😉

    • rastoeckel on

      (Vorsätzliche) Sachbeschädigung ist schon strafbar. Schauen Sie mal hier . Die Entschädigung des Geschädigten durch Schadensersatz kommt aber hinzu. Wenn aber nur versehentlich (fahrlässig) etwas kaputt geht, ist das – da haben Sie Recht – eben nur eine Frage des Schadensersatzes.

  3. RA Müller on

    Argh, solche Sachverhalte können einen im Gerichtssaal schier zur vgerzweiflung treiben. Man hat das (Rechts-)Gefühl, daß die Sachlage klar ist und fragt sich, welches Fach die anderen Verfahrensbeteiligten wohl studiert haben 😉

  4. Tourix on

    Vielen Dank für die Info.
    Aber bei dem geschilderten Fall müsste doch dem der § 15 Stgb entgegenstehen.

    • rastoeckel on

      Stimmt. Sie haben wieder Recht. Aber Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Schuhe.


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