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Fahrerflucht, Strafanzeige und Strafantrag

Nachdem ein junger Fahrer den Gartenzaun meiner Mandantin umgefahren hatte, fuhr er weiter, ohne daß er „zugunsten der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen“. – Kurz: Er machte sich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort (Fahrerflucht) strafbar, § 142 StGB. Zwar kehrte er nach Beobachtungen der Nachbarn in den folgenden Stunden mehrfach an den Tatort zurück, um den Schaden zu begutachten, eine Meldung an die Geschädigte unterließ er jedoch. Nach drei Tagen erstattete die Mandantin dann zu Recht Strafanzeige bei der Polizei. Das schlechte Gewissen (oder die strengen Eltern) führten dazu, dass der Fahrer in Begleitung seines Vaters einen Tag nach der Anzeigeerstattung bei der Geschädigten klingelte, sich vielfach entschuldigte und nun den Schaden regulieren wollte. Aus allen Wolken fiel er, als er von der Strafanzeige erfuhr. Verzweifelte Bitten und Entschuldigungen des jungen Fahrers erweichten das Herz meiner Mandantin; sie erklärte sich bereit, bei der Polizei nun ein gutes Wort einzulegen.
Der Fahrer war der – verbreiteten – Ansicht, die Geschädigte könne durch Rücknahme der Strafanzeige die Sache aus der Welt schaffen. Ein zweites Mal fiel er aus allen Wolken, als der Polizist ihm die Rechtslage erklärte: Die Strafanzeige setzt das Ermittlungsverfahren in Gang; Fahrerflucht ist kein sog. Antragsdelikt, das von der Stellung eines Strafantrags des Geschädigten abhängt. Wenn die Ermittlungsbehörden also einmal von der Straftat erfahren haben, liegt es nicht mehr in der Hand des Anzeigeerstatters, das Verfahren durch Rücknahme der Strafanzeige – bzw. des Strafantrags zu beenden.
Wie nun weiter verfahren wird, liegt also in den Händen von Staatsanwaltschaft und Gericht (und ggf. einem Strafverteidiger.) Dass der Fahrer sich nachträglich, aber eben zu spät, gemeldet hat, wird ihm keine Straffreiheit, möglicherweise aber eine mildere Strafe und – das ist nicht unwichtig – die Erleichterung eines guten Gewissens verschaffen.