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Lauter glückliche Gesichter

Sechs Monate ohne Bewährung forderte die Staatsanwältin.
Ich plädierte auf Freispruch und wurde dafür von ihr mitleidig angelächelt.
Nach dem freisprechenden Urteil war es dann mein Mandant, der Grund zum Lächeln hatte.
Als die Richterin ihm gegenüber dann noch bemerkte: „Bedanken Sie sich bei Ihrem Anwalt.“, habe ich selbst dann auch noch mal lächeln dürfen.
Schön, dass es auch mal solche Tage gibt…

Strafprozess: Lohnt sich der Aufwand?

Wenn es nach dem ermittelnden Polizeibeamten gegangen wäre, würde die Antwort „nein“ lauten.
Der Mandantin drohte eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Der als Zeuge geladene Polizist prognostizierte vor dem Termin, die Sache sei doch klar; im Ergebnis würde das Urteil ohnehin „nur“ auf ein Jahr mit Bewährung lauten. Bei so einer klaren Sachlage sei es ja ganz schön viel Aufwand, Zeugen zu laden, Wartezeit für die Vernehmung in Kauf zu nehmen und überhaupt zu verhandeln. Wozu also noch groß den Prozess durchziehen, wenn das Ergebnis doch sowieso schon klar sei?
Meine Äußerung, dass ich von seiner Prognose keineswegs überzeugt bin, erstaunte ihn sichtlich.

Gericht, Staatsanwältin und ich haben dann den Aufwand im hochsommerlich warmen Gerichtssaal in entspannter aber dennoch konzentrierter Atmosphäre nicht gescheut. Ergebnis: Der Tatvorwurf aus der Anklage ließ sich nicht halten. Aus der vom Polizisten vorausgesagten Bewährungsstrafe wurde eine Einstellung nach §153a StPO mit moderater Arbeitsauflage.

Es lohnt sich also doch.