Polizisten sind keine Verteidiger
Ein Beschuldigter ist zur Vernehmung bei der Polizei geladen und ruft mich deswegen an. Er möchte wissen, wie er sich denn nun verhalten soll. So rechtzeitig macht das längst nicht jeder: Oft ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen und schon Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, wenn der Gedanke aufkommt, sich anwaltlich verteidigen zu lassen. Dann sind nicht selten viele Möglichkeiten verpasst, auf das Verfahren sinnvoll einzuwirken.
Ich schlage dem Anrufer einen Termin zur Besprechung vor und weise darauf hin, welche Kosten hierfür anfallen; er möchte nocheinmal darüber nachdenken und wieder anrufen.
Ergebnis der Bedenkzeit: Er geht lieber ohne anwaltlichen Rat zur Polizei und werde mal schauen, was passiert. Die Polizisten machen bestimmt auch so das Richtige; ansonsten werde er nochmal anrufen.
Diese Bedenkzeit hätte man sinnvoller nutzen können.
Wahrscheinlich wird er tatsächlich anrufen – nachdem er sich um Kopf und Kragen gequatscht hat. 😦
@RA_JM: Eben – der Anwalt ist sein Geld schließlich nur wert, wenn er die Karre für alle sichtbar aus dem Dreck zieht. Für den potenziellen Mandanten reicht es dafür offenbar gerade nicht aus, wenn der Anwalt ’nur‘ verhindert, dass sie dorthin gerät.
Auch da ein gern verdrängtes Politikum: Solange der Staat nicht gezwungen wird, jeden Vermögensschaden nach Einleitung eines Ermittlungsverfahren, das nicht zu einer Verurteilung führt, zu entschädigen, solange müssen Bürger, die nicht reichlich mit Einkommen gesegnet sind, sich gut überlegen, ob sie sich einen Anwalt leisten können.
@Matthias:
Mittlerweile gibt es auch Rechtsschutzversicherungen die Strafrechtsschutz anbieten.
Es ist platt, stimmt aber leider häufig: Wer beim Anwalt spart, zahlt bei Gericht.